Funktionelle Orthopädie beim Hund – Husky Dante

Der Patient, den wir heute vorstellen dürfen, zeigt seit Januar eine Hangbeinlahmheit vorne rechts. Dieser Fall demonstriert nicht nur die Arbeitsweise der funktionellen Orthopädie – er zeigt auch, wie diese selbst „aussichtslosen“ Patienten helfen kann.

Der Husky Dante wurde mit Verdacht auf Muskelzerrung beim hauseigenen Tierarzt vorgestellt. Entzündungshemmer und Physiotherapie brachten jedoch keine Linderung. Deswegen wurde Dante im April in unserer Praxis vorgestellt.


Die funktionelle Orthopädie

Die funktionelle Orthopädie beschäftigt sich mit den orthopädischen Strukturen und deren Pathologie. Im Speziellen geht es um die Beweglichkeit, genauer:

  • Die Freiheitsgrade von Gelenken und Gliedmaßen.
  • Strukturelle physiologische und pathologische Befunde.
  • Generelle (Dys)Funktionen der Gelenke sowie
  • regionale orthopädische Strukturen (wie an Beckengürtel oder Wirbelsäule).
Schwungphase
Standphase
Extension / Flexion
Average Range of Motion

In dem hier vorgestellten Fall ist die Schulter des Hundes der Fokus. Die Begriffe Range of Motion (ROM) und Range of Freedom (ROF) spielen bei Dante eine besondere Rolle. Sie geben Auskunft über die Funktion oder – hier – die Dysfunktion eines Gelenkes, ob es normal, verändert, oder eben physiologisch oder pathologisch auffällig ist. 

Die Untersuchung der funktionellen Orthopädie erfordert, wie alle Spezialisierungen, große Zeit und Erfahrung. Auch, um rassespezifische Veränderungen der Hunde zu erkennen. Die Behandlung differiert stark, auch, was die Größen- und Massenunterschiede der Patienten betrifft. Nebst Erfahrung und Zeit ist gerade deswegen auch Feingefühl erforderlich, um den individuellen Anforderungen der Patienten gerecht zu werden.


Das Ziel der funktionellen Orthopädie

In aller Kürze ist das Ziel der funktionellen Orthopädie dieses: Hunde werden orthopädisch untersucht, um strukturellen Veränderungen auf die Spur zu kommen und diese zu behandeln.

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass eine Lahmheit beim Hund als Ursache eine Dysplasie, eine Arthrose oder andersweit eine defekte Struktur aufweisen muss. Diese Annahme ist größtenteils korrekt: 50-60% der Lahmheiten beim Hund lassen sich darauf zurückführen. Die restlichen jedoch haben eine funktionelle Ursache.

Man kann festhalten, dass in diesen Fällen die Statik oder Dynamik verändert ist, ohne dass strukturelle Pathologien vorhanden sind. Diese Fälle hängen meistens mit der Architektur oder Anatomie des Hundes zusammen. 


Wo ist die funktionelle Orthopädie wichtig?

Ohne in die Breite gehen zu wollen, ist dies der Fall besonders bei 

  1. Schultergürtel und
  2. Beckengürtel.       

Die Schultergliedmasse beim Hund ist gerade deshalb wichtig, da diese im Gegensatz zum Menschen nicht als Rotatoren-Manchette aufgebaut ist, sondern als Synsarkose. Dies bedeutet konkret, dass die Schultergliedmasse durch einen Flansch mit dem Brustkorb verbunden ist und dadurch relativ instabil daran entlang gleiten kann. ROM und ROF spielen hier eine besondere Rolle. 

Ein weiterer Punkt ist, dass viele canine Schulterpathologien Fälle von Weichteilpathologien darstellen. In der Folge können viele Pathologien weder mit Röntgen, Ultraschall, noch mit MRT oder CT diagnostiziert werden. Neben dem genannten Fingerspitzengefühl der orthopädischen Untersuchung ist deswegen die funktionelle Diagnostik unverzichtbar. Darunter zu verstehen ist die Gangbilddiagnostik mit einer „Inertial Sensor Unit“ oder kurz IMU.

Vergleichbar ist der Beckengürtel. Dieser ist durch dieselbe Weise mit der Wirbelsäule verbunden; das sogenannte Ileo-sakral Gelenk ist zu 70% eine bindegewebige Verbindung zwischen Darmbein-Schaufelgelenk sowie dem Kreuzbein. Wichtig am Beckengürtel ist die Anzahl an frei liegenden Nervenendigungen. Ebenso andere Rezeptoren, die Beweglichkeit und vor allem Schmerzen nozizeptiv regeln. Auch bei dieser Verbindung definiert der Anteil der Weichteile die Region.

Insbesondere bei Hunden ist dieser Bereich, die cauda equina, für die Pathologie der Hinterhand sehr wichtig. Bei Welpen stellt der Beckengürtel die anatomischen Strukturen für die Entwicklung der Hüfte, bei Junghunden ist er bedeutsam für den Trainings- und Bewegungsaufbau. Und im mittleren Alter der Hunde finden hier die Bandscheibenpathologien ihren Anfang.

Man kann festhalten, dass gerade diese lumbo-sakrale Instabilität im Zusammenhang mit dem Beckengürtel eine entscheidende Rolle einnimmt für den Beginn von Schwächen der Hinterhand und Schmerzen.


Welchen Prinzipen folgt die funktionelle Orthopädie?

Wenn wir über die funktionelle Orthopädie uns unterhalten, müssen wir folgende Aspekte im Fokus behalten:

  1. Reiz-Reaktions-Prinzip,
  2. Form-Funktions-Veränderungen,
  3. Arndt-Schulze Regel und die
  4. Anpassungsfähigkeit der Orthopädie.

Betrachten wir zunächst Punkt a), der auch als „actio=reactio“ gelehrt wird. Konkret in der Hundemedizin: Wenn der Hund ungezügelt tobt und spielt und schließlich heftig stürzt, hat dies Folgen. Diese können unmittelbar, aber auch verzögert auftreten. Gerade dies ist bei Lahmheit der Schulter- oder Beckengliedmassen zu berücksichtigen.

Hier kommt auch Punkt b) hinzu: Eine Pathologie kann strukturell oder funktionell sowie absolut oder relativ sein. Bei der Hüftgelenkdysplasie beispielsweise spricht man von einer absoluten Form-Funktions-Veränderung. Von relativen Pathologien spricht man im Zusammenhang mit Schmerzen im ISG oder einem verkippten Becken im Hoch- oder Tiefstand.

Die Arndt-Schulze Regel lässt sich in aller Kürze erklären. Jede physiologische Bewegung trainiert und fördert die Stabilität des Skelettsystems sowie die Muskulatur. Auf der anderen Seite kann überfordernde Bewegung oder überforderndes Training pathologische Folgen haben. Grundsätzlich geht es darum, Maß zu halten. Dieser Devise ist vor allem beim Welpen im Wachstum von entscheidender Wichtigkeit. 

Die Anpassungsfähigkeit des orthopädischen Systems kann im selben Zuge auch positive Auswirkungen haben. So kann diese bedeuten, dass Folgen des Ausdauer-, Kraft- und Schnelligkeitstrainings jederzeit in das orthopädische System übertragen werden. Auf der anderen Seite jedoch gibt es auch negative Folgen.

Als weiteres Praxisbeispiel ist das Hüpfen kleinerer Hunde zu nennen. Im Normalfall wird dies in Zusammenhang mit der Patella der Hunde gebracht. Ist die habituelle Patella jedoch nicht die Ursache, bleibt die Erklärung oft aus. Allgemein wird das Hüpfen in der Folge als „Tick“ gehandelt – was absolut nicht zutreffend ist. Der Hund zeigt schließlich keine orthopädischen Zwangshandlungen oder vergleichbares Verhalten. Die funktionelle Orthopädie liefert hier Aufschluss und führt das Problem auf die Biomechanik des Beckens zurück. Durch Toben, Spiel und unkoordinierte Bewegungen veränderte sich diese Biomechanik, während die Wachstumsfugen aufgrund des jungen Alters der Hunde noch offen sind. Diese Veränderungen zeigen sich in der Folge auch in der Beckengliedmasse. Abwandlungen der Statik ziehen Abwandlungen der Dynamik nach sich. Das Hüpfen ist Gegenmaßnahme, das konkrete Unterschiede der Frequenz, Step– oder Stridelength ausgleichen soll. Eine geeignete Analogie ist ein Differential bei Automobilen: Dieses gleicht die Unterschiede der Radumdrehungen der Achse, beispielsweise in Kurven, aus.

Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, neben der funktionellen Orthopädie, die Rolle der funktionellen Neurologie – auch im Zusammenhang mit dem Hüpfen kleinerer Hunde. Dem werden wir uns an anderer Stelle noch ausführlicher widmen. 

Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass die funktionelle Orthopädie und damit die Statik und Dynamik vermehrt in die veterinärmedizinische Orthopädie Einzug halten müssen – unter Einbezug der Biomechanik und ihren Regeln. Die funktionelle Diagnostik wird hier die nötige Grundlage bieten, auch die Behandlung nicht struktureller Störungen angehen zu können.


Schauen Sie sich den Fall von Dante auch als Video an:


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Fallstudie von Daisy, 18 Wochen alter Airedale Terrier

Ausgangslage

Airedale Terrier, 18 Wochen alt, fehlender Zeh

Der Hund wurde für eine prophylaktische Untersuchung in der Praxis vorgestellt sowie für die Gliedmaße hinten rechts, an der ein Zeh fehlt. Dieser fiel dem Welpen ab, wahrscheinlich durch eine Nekrose.In der Bewegung sehen wir, dass der Hund hinten rechts einen auffälligen Gang hat.

Genauer heißt dies, dass die Achse vom Sprunggelenk abwärts nach innen dreht und einen leicht kreisförmigen Gang verursacht. Die Aktivität der Hinterhand scheint vermindert zu sein, sie geht außerdem in eine links Außenstellung, zeitweise auch in eine rechte Außenstellung. 

Von vorne betrachtet fällt auf, dass die linke Schultergliedmaße in der Beweglichkeit verändert ist im Vergleich zur rechten. 

Von der Seite betrachtet wirkt die Vorhand, auf den ersten Blick, relativ raumgreifend. Die Hinterhand schwankt ein wenig durch die Stellung nach rechts und links außen, was die Beweglichkeit und Aktivität dort vermindert wirken lässt. 

Alles in allem sind die Veränderungen nur leicht; nur die Gliedmaßenstellung hinten rechts vom Sprunggelenk abwärts Richtung Zehe ist auffällig.

Diagnose

Die Untersuchung ergab eine veränderte Kruppenmuskulatur auf der rechten Seite, außerdem ist die Beweglichkeit auf beiden Seiten des Beckens unterschiedlich. Vorallem der Glutealmuskel nimmt auf der rechten Seite eine andere Form ein. Auch die Stellungen der hinteren Gliedmaße sind unterschiedlich. Von oben betrachtet sticht die S-förmige Kurve der Wirbelsäule hervor; vorm Becken besteht eine leichte linksgerichtete Verdrehung. In der Mitte der Wirbelsäule dreht diese und geht nach rechts weiter.

Daran anschließend die ungleich gestellten Schultern: Auf der rechten Seite mehr ausgedreht, während die linke Seite flacher und in der Bewegung abgehackter erscheint. Dies sind die wichtigsten Befunde.

Davon abgesehen ist auch die Stellung hinten links verändert: Der Welpe nimmt dort vorallem auf der der dritten Zehe Belastung auf und dreht diese ein, um hinten rechts zu kompensieren. Wir sehen, dass die Schulter links in einer Stellung nach vorne geht: eine axiale craniale Translation. Im Becken befindet sich derweil eine abaxiale Translation, also einen Tiefstand, der außerdem leicht nach hinten verdreht ist.

Wahrscheinlich ist, dass die Zehe durch eine Drucknekrose abfiel, verursacht durch einen anderen Welpen oder die Mutter. Durch ein langes Liegen auf der Hinterhand wurde die Durchblutung gestört.

Erste Funktionale Bewegungsmessung mit LupoGait®

Auch die Bewegungsdiagnostik spiegelt dies wider. Hellblau stellt hier die Initialmessung dar, dunkelblau nach Behandlung und Rotation des Beckens.

Vorallem die Standphase hinten links zeigt nach der Rotation des Beckens eine deutliche Verbesserung. Aber auch die Flexion und Extension der Vorhand konnte deutlich verbessert werden.

Das heißt, dass der Welpe hier einen sogenannten Pullmove ausgeführt hat, das heißt eine gezogene Bewegung. Dies erklärt die weniger aktive Hinterhand. Durch die Behandlung konnte die Hinterhand sowie Vorhand entsprechend entlastet werden; die Hinterhand konnte in eine normale Traktion geführt werden.

Standphase
Extension / Flexion
Schwungphase

Erneute Behandlung 

Da das Resultat noch nicht zufriedenstellend war, wurde im Anschluss die linke Schulter manipuliert bzw. orthopädisch manuell behandelt, so dass sie parallel zur rechten Schulter war. 

Kontrollmessung mit LupoGait®

Dies führte dazu, dass die rechte sowie linke Schultergliedmaße an Standphase zugenommen hat. Die Standphase der Hinterhand konnte praktisch normalisiert werden. Die Extension und Flexion zeigt eine Anpassung diesbezüglich:

Zwar sind das Becken manipuliert und die Schulter symmetrisch, jedoch befindet sich der Welpe immernoch in einer Kompensationshaltung vorne links wie hinten rechts. Dies kann durch aufbauende Therapie beseitigt werden.Die Gyroskopwerte – in Maximum und Varianz – sind nun symmetrisch, was den Verdacht des Pullmoves der Vorderhand, der die Hinterhand kompensieren sollte, bestätigt

Standphase, zweite Messung
Extension / Flexion, zweite Messung
Variance of Differentiated Gyroscope Signal

Abschließende Bemerkungen

Im Anschluss an diese Konsultation wurde festgehalten, dass der Hund einen zu großen EIK-Wert hat. „EIK“ bezeichnet den Energieintensitäts-Koeffizienten; seine Erhöhung erklärt die vergrößerte Wachstumsrate des Welpen. 

Der EIK für Airedale Terrier liegt bei 650 bis 700 Gramm. Mit 850 Gramm bei unserem Patienten ordneten wir eine Ernährungsumstellung an, um Wachstumsprobleme zu vermeiden. Schon jetzt wirkt der Welpe sehr groß, besonders im Vergleich zu seinen Wurfgeschwistern. Der Hund wird mit Barf ernährt – wir haben die Fleischration darin von 80 auf 60% heruntergefahren und dafür den Gemüseanteil erhöht. So erhoffen wir eine Regulation des EIK, die wir in drei Wochen in einer Kontrolluntersuchung überprüfen können. 

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Fallstudie von Arbeitshund Pico, 14 Wochen alter Malinois-Welpe

Ausgangslage

Der Welpe Pico wurde in unserer Praxis vorgestellt, damit der Aufbau zum Arbeitshund reibungslos vonstatten gehen konnte. Ein weiteres Ziel war der effizientere Aufbau des Trainings.

Erstuntersuchung

Die erste Untersuchung zeigte bereits ein komplexes Gangbild. Pico kann nicht gerade laufen, die rechte Hinterhand geht immer wieder in eine Rechtsaußenstellung. Dazu knickt die Gliedmaße hinten rechts ein. In der Bewegung zeigt sich ein deutliches, starkes Schwanken zu beiden Seiten. Dazu kommt eine aufgezogene Kruppe, ein tendenzielles Hinken vorne-links sowie der Gang der linken Schultergliedmasse generell, der breitbeinig bis kreisförmig verläuft. 

Grundsätzlich ist das Gangbild unrund und abgehackt, die Hinterhand ist schwerfällig und nicht symmetrisch.

Dieses Gangmuster ist speziell – bei den Welpen, die in die Praxis kommen, aber leider nicht selten. Es ist immer pathologisch und bildet die Grundlage für einen Passgang. Aus diesem Pattern bildet sich die Zentralisation eines späteren Gangmusters, wenn es nicht frühzeitig erkannt und korrigiert wird. 

Orthopädische Examination

Die orthopädische Untersuchung zeigt symmetrische Knie und Sprunggelenke. Das linke Femur ist nach unten und hinten verlagert, was dessen Beweglichkeit deutlich einschränkt. Hinzu kommt eine abaxiale Rotation des linksseitigen Beckens, was de facto einem Beckentiefstand dort entspricht. Der Kreuzbeinbereich hat ebenso eine verminderte Beweglichkeit. Auffällig ist die Empfindlichkeit an den untersuchten anatomischen Regionen. Nicht zuletzt ist auch die linke Schulter in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, und auch deren axiale Rotation sticht hervor, die das Hinken dort verursacht.

Die Befunde der orthopädischen Untersuchung wurden durch die kinematische Messung untermauert. 


Kinematische Messung 


Die kinematische Messung zeiget einen Unterschied der Schrittlänge zwischen der linken und rechten Beckengliedmasse von 10 cm, was auffällig ist. Weiterhin zeigen die Standphase sowie die Range of Motion nur geringe Unterschiede, während die PVF in der Hinterhand gar keinen Unterschied zeigt. Die linke Schulter hat eine verminderte Beschleunigung, was auf einen pull move hinweist, der die Instabilität der Hinterhand kompensieren soll. Generell sind veränderte Werte zwar vorhandeln, aber nicht dramatisch. Es fehlt ein Hinweis auf eine strukturelle Pathologie sowie eine Hüftgelenkdysplasie. Auf eine Röntgenstudie wurde deswegen verzichtet.

Standphase, erste Messung
Maximale Amplitude des Gyroskopsignals, erste Messung
Peak Vertical Force, erste Messung
Schrittlänge

Behandlung

Orthopädisch musste nun die Fehlstellung im Becken manuell korrigiert werden.

Kontrollmessung

Nach der manuellen Behandlung wurde Pico erneut kinematisch gemessen und kontrolliert.

Nach der Behandlung hat eine Symmetrisierung des Beckens kinematisch zwar stattgefunden; diese ist jedoch nicht abgeschlossen, da die Fehlstellung im Becken linksseitig bereits zur Kompensation der Bewegung in der linken Schulter geführt hat.

Insgesamt zeigen sich deutliche Verbesserungen, sodass der weitere Aufbau geplant werden konnte.

Standphase, zweite Messung
Maximale Amplitude des Gyroskopsignals, zweite Messung
Peak Vertical Force, zweite Messung

Visuelle Beurteilung der Ergebnisse

Das visuelle Gangbild nach der orthopädisch-manuellen Behandlung stellt eine klare Verbesserung dar: Pico zeigt eine gute Bewegung in der Spur, die Instabilität der Hinterhand hat sich praktisch normalisiert. Das Schwanken sowie das Wegknicken der Hinterhand ist nicht mehr sichtbar und die Lahmheit der linken Schulter verschwand. Die ganze Bewegung erscheint nun rund, harmonisch und flüssig.

Folgetherapie

Nun kann der gezielte Aufbau der Bewegung und der Muskulatur beginnen. Ohne diese Korrektur hätte Pico die Muskulatur nur falsch und vor allem zu wenig aufgebaut und das veränderte Gangmuster hätte sich peripher sowie zentral im motorischen Kortex im Hirn manifestiert. Dies wäre eine Beeinträchtigung für Picos Einsatz als Arbeitshund gewesen.

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Fallstudie von Camila, 10 Wochen alter Australian Shepherd Welpe

Ausgangslage

Camila, Australian Shepherd, 10 Wochen alt, hinkt vorne links.

Camila fiel mehrmals von einer Erhöhung; das erste Hinken normalisierte sich nach 2 Stunden, nach dem zweiten Fall jedoch blieb der unregelmäßige Gang bestehen.

Deshalb ist der Besitzer den darauffolgenden Tag bei uns erschienen.

Erstuntersuchung

Der Welpe läuft in der Vorhand relativ eng. Gerade die linke Schultergließmaße ist in eine Innenstellung gedreht, was einen zehen-engen Gang verursacht. Auch die Gliedmaßenachse ist schräg. Oben ist sie leicht nach Außen gestellt, unten nach Innen. 

Der Raumgriff der linken Schultergliedmaße ist vermindert, wie auch auf der von der Seite geführten Bewegung sichtbar. Die Bewegung der linken Schultergliedmasse erscheint abgebrochen, die Schwebephase ist verkürzt.

Camila läuft mit der Hinterhand linksaußen, was die Lahmheit und das Hinken vorne links bestärkt. 

Da keine strukturellen Veränderungen an den Knochen auffällig waren, wurde auf eine radiologische Studie der linken Schultergliedmasse verzichtet.

Kinematische Untersuchung

Für die Kontrolle der Behandlung und quantifizierte Werte nutzten wir die Messjacke und unser Ganganalyse-System. Die Befunde sehen sie in den folgenden Grafiken.

Hellblau sind die Befunde vor der orthopädischen, biomechanischen kinematisch-kontrollierten manuellen Behandlung, dunkelblau die danach.

Es fällt auf, dass vor allem die Standphase sowie die Extension und Flexion sich deutlich verbessert haben. Ebenso die Gyroskop-Werte; die Winkelbeschleunigungen der Gliedmaße haben sich geändert. Nach der orthopädischen Behandlung sind die Befunde symmetrisch. Konkret heißt das: Camila kann die linke Schultergliedmaße wieder relativ normal belasten.

Standphase
Extension / Flexion

Durch die orthopädische biomechanische manuelle Behandlung werden die Statik und Dynamik der Gliedmaßen und der Wirbelsäule reguliert. Das Ziel ist die physiologisch (normale) Funktion der Gelenke sowie eine zielgerichtete Bewegung. 

Weiterhin soll diese Bewegung ohne Entzündung oder Schmerzen ablaufen können. Ein Hinken beim Hund ist immer ein Hinweis, dass die Bewegung nicht normal abläuft; aus fehlerhafter Mechanik oder Entzündung und Schmerzen.

In Camilas Fall stellten wir im Anschluss an die Behandlung einen Bewegungsplan für 14 Tage auf und kontrollierten ihre Werte danach erneut (violett).

Die Videosequenz zeigt einen gleichmäßigen, runden Ablauf der Bewegung. Schulter- wie Beckengliedmaßen werden aktiv und raumgreifend bewegt, die Stellung der linken Schultergliedmasse war praktisch normal. Auffällig war lediglich, dass in der Sitzposition die linke Schultergliedmasse leicht nach vorne gestellt wurde. 

Unsere erneute kinematische Messung (violett) zeigte eine veränderte Extension und Flexion. Es ist zu berücksichtigen, dass der Welpe täglich wächst, somit ist eine leichte Diskrepanz der Werte einzelner Features zu erwarten.

Extension / Flexion, dritte Messung

Zusammenfassend

Dass ein Welpe von Sofas, Kisten oder kleinen Mauern stürzt, kommt leider sehr oft vor. Die Koordination fehlt dem jungen Hund noch, die Stabilität und die Kraft der Becken-Gliedmaße und Muskulatur ist noch nicht ausgebildet.

Sollten diese Fälle nicht orthopädisch biomechanisch untersucht und behandelt werden, kann dies gerade im Bereich der Hüfte größere Auswirkungen nach sich ziehen.

Doch auch Schulterpathologien und Lahmheiten kommen oft vor; können sogar trotz Behandlung oft bestehen bleiben. Der Grund ist die veränderte Biomechanik der Schulter – die Range of freedom. Dies muss auch im Zusammenhang mit OCD – Osteochondrosis gesetzt werden.

Wir werden diesem Thema ein eigenes Webinar widmen: Prävention mit dem LupoMove®-Programm mit Fokus auf Schulter- und Hüfterkrankungen beim Welpen und Junghund. Für mehr Informationen zur Regeneration des Knorpels empfehle unser Buch „LupoMove® Sports, works and family“ für eine ausführliche Erklärung.

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Cane Corso, 9 Monate alt – Fallstudie von Capper

In diesem Fall präsentieren wir einen Cane Corso, 9 Monate alt. Er läuft steif in der Hinterhand, zeigt ein schmerzempfindliches Becken und zitternde Vorderläufe. Er wurde für eine Zweitmeinung in der Praxis Dr. Blättler-Monniers vorgestellt.

Ausgangslage

Capper läuft in der Hinterhand steif und zeigt Schmerzen im Bereich des Beckens. Zuzüglich zittert er in den Vorderläufen.

Die Halter war bereits beim PTA, der dazu riet, erstmal mit der Behandlung abzuwarten. Ausserdem wurde ein Muschelpräparat gestellt. Als sich keine Verbesserung des Gangbildes zeigte, wurde der Hund für eine second opinion in unserer Praxis vorgestellt.

Gangbild

Das Bewegungsmuster von Capper ist sehr steif. Er zeigt eine Verminderte Biegung in beiden Knien. Dazu kommt eine Zehenweitstellung in der linken Beckengliedmasse. Rechts hat das Becken Tiefstand, was für eine Schieflage sorgt. Die linke Schulter ist weniger raumgreifend. In der Bewegung geht Capper in einer Rechtsaussenstellung und traversiert über die rechte Schulter.

Von der Seite lässt sich eine Hangbeinlahmheit bei der rechten sowie linken Beckengliedmasse erkennen. Ausserdem befinden sich beide Beckengliedmasse in einer Ankurvatur und sind unter dem Schwerpunkt gestellt. Die Biegung beider Knie ist vermindert. Der Rücken zeigt eine Kyphose. 

Generell zeigt die Hinterhand wenig Schub; Capper führt einen pull move aus und zieht vor allem mit der Vorhand. Die linke Beckengliedmasse wird dabei passiv nachgezogen und wirkt noch schwerfälliger dadurch.

Gangbild auf der Volte (Zirkel)

Auch auf der Volte: Cappers Bewegung ist schwerfällig. Der aufgezogene Rücken wirkt sich unter diesen Umständen noch stärker aus. Ausserdem Hat die Hangbeinlahmheit rechts sowie links zugenommen. Wir sprechen hier von Wendeschmerzen.

Vor allem die linke Beckengliedmasse wirkt in der Bewegung stark vermindert, die Zehenweitstellung hat ebenfalls zugenommen.

Nicht zuletzt verkippt das Becken im Sitzen. Die linke Seite erscheint deutlich instabiler.

Diagnose 

Capper zeigt eine beidseitige Hüftgelenkdysplasie: auf der rechten Seite mittelgradig, auf der linken hochgradig.


Kinematische Messung 


Die kinematischen Daten der LupoGait® Messung stützen die Diagnose: Die reproduzierbaren Bewegungsfeatures weisen ebenfalls auf eine Hüftgelenkdysplasie hin.

Standphase
Varianz des differenzierten Gyroskopsignals
Range of Motion
Extension / Flexion

Therapie (kurzfristig)

In der kurzfristigen Therapie wurde die Beckenachse orthopädisch-manuell behandelt. Weiterhin wurde Bednivetmabum als Injektionstherapie verordnet, bis das Becken ausgewachsen ist.Je nach Verlauf der klinischen Symptome ist eine individuell zugeschnitte Hüftgelenkprothese (custom-made TEP) indiziert

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Versteckte Faktoren in der Behandlung einer Stützbein-Unregelmäßigkeit: Fallstudie Sammy

Welpe, 9+ Wochen alt, seit einer Woche Stützbein-Unregelmässigkeit vorne-rechts.

Dieser Fall aus der Praxis wird von der Welt-Tierärzte-Organisation für Kinematisch kontrollierte Orthopädie, Neurologie und Rehabilitation präsentiert. Ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender ist Dr. med. vet. Patrick Blättler Monnier. 

Ausgangsproblematik 

Der kleine Welpe ist vor einer Woche bei der Familie eingezogen. Kurz vorher ist er von einer Züchterin aus dem Norden gekommen. Der Welpe war als Hündin für die Zucht bestimmt.

Tags darauf begann Sammy zu hinken. Die Besitzerin machte eine orthopädische Welpen-Sprechstunde bei uns aus.

Die Stützbein-Unregelmässigkeit vorne rechts ist gut zu erkennen. Die Zehenachse dort ist nach aussen gedreht, es gibt eine Zehenweitstellung. Ausserdem ist das Vorderfussgelenk angeschwollen. Die Achse der rechten Schultergliedmasse scheint schräg nach innen gedreht, ausserdem werden zwei Zehen fast auf einer Linie abgefusst. Die enge Stellung der Schultergliessmasse fällt ins Auge, ebenso der aufgezogenen Rücken und die sehr steile Stellung der Hinterhand.

Orthopädische funktionelle Untersuchung

Neben der gewinkelten Zehenachse und der Schwellung im Vorderfussgelenk fällt besonders auf, dass die Streckung der rechten Schulter deutlich vermindert ist. Der Welpe reagiert mit Abwehrhaltung auf die Untersuchung. Die linke Schulter liess sich normal bewegen. Eine Grünspan-Fraktur kann nicht ausgeschlossen werden. 

Weiterführend wird deswegen ein Röntgenbild der Pfote gemacht sowie eine kinematische Untersuchung im Rahmen des LupoMove® Puppy-Programms.


Bildgebende Diagnostik

Beide Röntgenbilder der Pfote ergaben keine Auffälligkeiten. Eine Fraktur konnte ausgeschlossen werden, es kamen auch keine anderen strukturellen Veränderungen zu Tage.


Kinematik 

Auffällig ist, dass die Standphase vorne-links bei 0,29 sec und vorne-rechts bei 0.14 sec liegt. Der Unterschied beträgt 100%. 

Auch der Unterschied der Extension/Flexion zwischen rechts und links war beträchtlich, verursacht durch die Entlastungshaltung der rechten Gliedmasse und der Überlastung der linken. 

Auffällig ist auch die flache „Average Step“-Kurve der linken Gliedmasse im Vergleich zu den Werten der anderen Glieder, ebenfalls Resultat der Überlastung.

Nach der Diagnostik wurde das Vorderfusswurzelgelenk sowie die Rotationsachse orthopädisch-manuell behandelt und danach kinematisch gemessen. Der direkte Unterschied lässt sich an den hellblauen Ergebnissen vor der Behandlung im Vergleich zu den dunkelblauen danach ablesen.

Die kinematische Beweglichkeit der Schulter konnte teilweise wieder hergestellt werden, jedoch nicht in dem erwünschten Ausmass.

Standphase, zweite Messung
Extension/Flexion, zweite Messung

Deswegen kamen die Befunde aus der Videoanalyse zum Tragen und wurden in die Behandlung miteinbezogen.

Bei der zweiten orthopädisch-manuellen Behandlung wurde die linke Schultergliedmasse manuell behandelt, ebenso die Hinterhand, also das Becken sowie beide Hinterläufe. Wieder erfolgte eine kinematische Kontrolle.

Dieses Mal war das Resultat zufriedenstellend.

Violett hinterlegt sind die Werte der dritten Messung zu sehen. Es zeigt sich, dass die Standphase vorne rechts deutlich zugenommen hat. Von ehemals 0,14 sek stieg sie auf 0,26, links liegt diese mit 0,28 nur ungleich höher. Der Gang des Welpen ist fast wieder symmetrisch. Auch die Extension/Flexion normalisierte sich, die durchschnittliche ROM glich sich aus. Gut zu sehen ist dies an der Entwicklung der „average step“-Kurve der linken Schultergliedmasse. 

Standphase, dritte Messung
Extension/Flexion, dritte Messung
Average Step-Kurve, dritte Messung

Fazit

Das akut scheinende Hinken der rechten Schultergliedmasse stand im direkten Zusammenhang mit der linken Schultergliedmasse sowie der Hinterhand. Beide Veränderungen sind halb-akut und hätten ohne die kinematische Untersuchung nicht auseinandergehalten werden können. 

Das Hinken, dass man als Folge der Fehl- und Überbelastung der rechten Schultergliedmasse hätte deuten können, ist nur ein Teil des Problems. Nicht nur die rechte Schultergliedmasse, sondern auch eine orthopädische Fehlstellung in Becken und die linke Schultergliedmasse wirkten auf den Gang des Welpen ein.

Ohne die kinematische Behandlung und das LupoGait®-System wäre die Untersuchung nicht so effizient verlaufen; gerade dies stellt den Vorteil der orthopädisch-kinematisch kontrollierten Welpen-Sprechstunde dar.

Was könnte passieren? Die Prägung und Konditionierung der veränderten Bewegung sowie Schmerzprozesse 

Dieser Patient ursprünglich wegen einer Stützbein-Unregelmässigkeit vorne rechts zu uns. Hinken ist in dem Alter von 10 Wochen leider keine Seltenheit – ohne die kinematische, differenzierte Diagnose wäre das veränderte Gangbild des Welpen, insbesondere die Fehl- und Überlastungshaltung, aber unerkannt geblieben.

Schnell können der Schmerzprozess und die veränderte Bewegung konditioniert werden.

Wir möchten erklären, was die Folgen ohne die Behandlung gewesen wären.

Jung-Hunde Erkrankungen wie Hüft- und Ellennbogendysplasie, Osteochondorse oder die Panostitis sind epigenetische Erkrankungen. Dies bedeutet, sie ergeben sich durch Gene, die durch Umweltfaktoren kodiert und exprimiert werden. Hier entstand die veränderte Bewegung des Welpen.

Die auslösenden Umweltfaktoren, die die Gene mobilisieren, sind keine Seltenheit.

Ein Grund mehr, Veränderungen im Gangbild direkt in einer professionellen, orthopädischen Welpensprechstunde zu präsentieren. 

Hier bestimmen wir diese externen, auslösenden Umweltfaktoren, um sie zu minimieren. So stärken wir die Gesundheit der Welpen beziehungsweise stellen diese wieder her.

Doch es gibt noch andere Punkte, die bei solchen Gangbild-Veränderungen beachtet werden müssen. Diese sind dann vor allem die

  •  Prägung und Konditionierung des veränderten Gangbildes mit Folgen auf die Orthopädie
  • Prägung und Konditionierung des Schmerzprozesses und somit das Verhalten

Vor allem der zweiten Punkt ist sehr wichtig, denn hier muss davon ausgegangen werden, dass gerade der psycho-soziale Anteil der Prägung beim Welpen stark und potenziell negativ beeinflusst werden kann. Der Schmerz ist ein Stressor für den Welpen; unserer Meinung nach einer der stärksten, der das Verhalten, aber auch die allgemeine Gesundheit oft stark beeinträchtigt.

Aus der Sicht des Verhaltens kann Schmerz die positive Interaktion zu anderen Hunden und Welpen, aber auch zum Besitzer oder fremden Personen erschweren. Die wichtigsten Verhaltens-Modalitäten sind Angst und Aggression, aber auch Zurückhaltung bis Apathie und Abgeschlagenheit kann die Folge sein. Ein Welpe verliert seine offene und witzige Art zu entdecken und zu untersuchen. Er ist weniger unbeschwert. Er kann sich zurückziehen, reserviert wirken.

Der Stressor „Schmerz“ hat aber auch Einfluss auf die allgemeine Gesundheit, die Abwehrkraft, das Immunsystem. Gestresste Hunde, und solche die Schmerzen haben, erkranken signifikant schneller. Parasitosen finden öfter statt. 

Ein gutes Beispiel sind Giardien: Diese Bakterien sind nur fakultativ pathogen. Gesunde Welpen erkranken daran nicht. Gestresste Hunde haben oft einen langwierigen Durchfall, sind öfter therapieresistent.

Als letzten Punkt möchten wir auf die kognitive Lernfähigkeit hinweisen. Ein Welpe mit Schmerzen lernt generell langsamer und nimmt neue Aktivitäten weniger schnell auf. 

Der Welpe kann sich aber auch generell verschlossen zeigen, oder er reagiert mit Verhalten ähnlich der Reizüberflutung. Diese psycho-sozialen Verhaltensweisen sollten immer auch auf Schmerzen als Ursache untersucht werden. Diese Verhaltensweisen beeinflussen stark die Prägung, Konditionierung und Lernkurve des Welpen und Jung-Hundes.


Unerwünschte Prägung der Bewegung

Das veränderte Gangbild hat aber auch einen starken Einfluss auf die allgemeine Bewegung, die Balancierung und somit auch auf Statik und Dynamik, sprich: die Biologie der Orthopädie.

Die Bewegung wird zuerst in der Peripherie am Knochen, Gelenk und der Muskulatur kontrolliert und geregelt. Hier finden wir die Muskel- und Gelenk-Rezeptoren. Die dort entstehenden Informationen werden via Rückenmark und Hirnstamm zentral weitergeleitet. Im Mittelhirn und Kleinhirn werden dies Daten verarbeitet, bevor sie ins Grosshirn transportiert werden. Hier wird die Bewegung bewusst koordiniert und beantwortet. Diese Informationen werden dann via Daten-Highway wieder in die Peripherie geleitet und münden in der Aktion. 

Wenn wir beim Welpen in der 10. Lebenswoche solche Störungen aufweisen, ohne sie zielgerichtet zu behandeln, legen wir damit die Grundlage für Passgang, Bewegungsanomalien sowie Schmerzen. Weder Tierärzte noch Hundebesitzer sind sich dieser Tatsache ausreichend bewusst. Nur mit der Bewegungs-Diagnostik, im Speziellen mit LupoGait®, aufgezeigt werden.

Um diesen Pathologien entgegenzuwirken, ist ein professionelle, ortho-kinematische Welpensprechstunde wie im Rahmen von LupoMove® Puppy die einzige Variante, Störungen frühzeitig zu behandeln und die dargestellten Folgeschäden zu verhindern.

Schauen Sie sich den Fall von Sammy auch als Video an:

Frida’s Story – Eine neue Hüfte für Frida

Ein Strassenhund kämpft gegen Hüftdysplasie und Schmerzen

Fridas Reise beginnt als Strassenhund in Rumänien. Als junger Welpe wurde sie in einem Müllsack gefunden. Eine internationale Tierschutzorganisation rettete sie und brachte sie nach Deutschland in ihre neue Familie. Das neugefundene Glück währte allerdings nur kurz, denn schon bald nach ihrer Ankunft hatte sie Schwierigkeiten beim Laufen. Kurz darauf war sie schon nicht mehr in der Lagezu stehen.

Ihr Zustand wurde als beidseitige Hüftdysplasie diagnostiziert;

ihr Kondylus sass nicht richtig in der Gelenkpfanne, sprang oft heraus. Die Knorpel rieben aneinander, was nach einiger Zeit ihre natürliche stossdämpfende Funktion zerstört und zu einer Hüftgelenksarthrose führen kann. All dies verursachte Frida starke Schmerzen. Ihr Krankheitsbild und ihre Genesung wollen wir hier zeigen.

Diagnose und Symphysiodese

Situation:
Fridas Fall zeigt gut die typischen Probleme kleiner und wachsender Hunde. Vor einer Woche stürzte Frida aus dem Auto; seitdem lahmt sie hinten rechts und hat Mühe, aufzustehen. Deswegen, und für eine generelle Prophylaxe im Rahmen des LupoMove Puppy Programms, wurde Frida in unserer Praxis vorgestellt.
Visuelle Erstbeurteilung
Das klinische Bild ist schon rein visuell betrachtet vielseitig: Fridas Rücken ist aufgezogen, besonders zur Mitte hin, und ihre Hinterhand ist stark instabil. Das Becken schwenkt beim Laufen in beide Richtungen, beide Hinterläufe scheren in einer kreisförmigen Bewegung nach hinten aus. Dazu fällt das Sprunggelenk auf, dass sich stark von innen nach aussen richtet.
Wenn Frida absitzt, positioniert sie die Vordergliedmassen in einer Linie, das Becken ist verkippt und beide Hinterläufe nach links ausgedreht.
Alles in allem wirkt Frida instabil und unkoordiniert. Die vordere Körperhälfte ist fast unauffällig – hinten sieht es jedoch ganz anders aus. Es wirkt, als hätte sie starke Schmerzen.
Orthopädische Untersuchung
Die orthopädische Untersuchung zeigte einen auffälligen Rückgang der Beckenmuskulatur der rechten Seite auf.  Das Defizit betrug 2cm: Wir können hier von einer starken Atrophie, einer Minderausbildung der Muskulatur, sprechen.
Die durchgeführten Beweglichkeitstest, der Ortolani-Test sowie der Barthens-Test, waren beide positiv. Dies spricht ebenfalls für eine Instabilität beider Hüftgelenke, die auch mit Schmerzen einhergeht.
Beide Knie verhielten sich normal; der Test, um angerissene Kreuzbänder festzustellen, fiel negativ aus. Dies wäre zwar unwahrscheinlich gewesen, aber möglich.
Weiterhin führten wir einen Schubladentest, einen TPA Kompressiontest und einen TPA Parvotest mit Aussenrotation durch. Die Sprunggelenke waren ebenso unauffällig. An der Lendenwirbelsäule fiel die starke, lange Streckung des Rückens durch die Unterentwicklung besonders auf. Die Lendenwirbelsäule ist in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt.
Neurologische Untersuchungen 
Die neurologischen Untersuchungen ergaben keine Auffälligkeiten.
Nach visuellen und orthopädisch-neurologischen Untersuchungen können wir die Verdachtsdiagnose einer Hüftgelenkdysplasie stellen. Diese wird nun in bildgebenden Verfahren geprüft.
Röntgen
Dafür wird Frida sediert, um Röntgenbilder in gestreckter Position anzufertigen. Diese sind unten eingebildet.

Man erkennt gut, dass die Hüfte sich in gestreckter Position nicht in der Pfanne bewegt. Auch in einer Froschposition ist die Hüfte beidseitig locker.

Auf der dritten Aufnahme ist eine Distraktionstechnik zu sehen. Dabei wird die Hüfte gespreizt und gleichzeitig die Lockerheit getestet. Bei Frida liegt diese bei 1. Man kann hier von einer sehr stark lockeren Hüfte sprechen.

Diagnose und Ausblick
In Folge der Diagnose wurde mit der Besitzerin über das Krankheitsbild und sich daraus ergebende Optionen diskutiert. Die Besitzerin entschied sich sofort gegen eine Euthanasie. 

Ihr wurde klar mitgeteilt, dass das weitere Vorgehen der Behandlung sich in zwei Schritten aufteilen muss. Einerseits eine kurzfristige Therapie, die Symphysiodese, um Fridas Wachstum in den nächsten Monaten zu unterstützen, ihre Schmerzen zu verringern und ihr eine normalere Sozialisation zu ermöglichen.
Mittelfristig müssen danach zwei künstliche Hüftgelenke eingesetzt werden.
Weiterhin wurden der Besitzerin die genauen Kosten und therapeutischen Konsequenzen für den Hund aufgezeigt, ebenso die Dauer und Art der Rehabilitation und Regeneration. 


Symphysiodese – Fridas erste Operation

Im Anschluss an die Untersuchungen wurde bei Frida sofort die die juvenile pubische Symphysiodese veranlasst. Dies bedeutet, dass die Schambeinfuge chirurgisch frühzeitig verschlossen wird. Die Technik selbst ist ein relativ neues Verfahren, dass zuerst erfolgreich an Meerschweinchen angewandt wurde und seit einigen Jahren auch erfolgreich bei caninen Patienten.
Es ist eine prophylaktisch präventative Operation, die vorallem bei heranwachsenden Hunden Anwendung findet, die eine grosse Tendenz zu Hüftgelenkdysplasie und lockeren Hüften zeigen.
Durch Laserchirurgie wird dabei ein Anteil der Schambeinfuge veranlasst, sich zu verknöchern. Dadurch wächst der untere, hintere Teil nicht mehr weiter, während der obere sich weiter ausbildet. So kommt es zu einer besseren Überdachung der Femurknochen, als es ohne therapeutische Massnahmen der Fall gewesen wäre – die Stabilität der Gelenke wird erhöht.
Die Symphysiodese war erfolgreich, ebenso die post-operative Kontrolle: Frida geht nicht mehr stark hinked.

Ausblick
Jedoch reicht diese Präventionsbehandlung in Fridas Fall nicht aus, um ihre HD vollständig zu beseitigen. Trotz dem Erfolg der OP bietet sie lediglich ein Mittel, um Frida ein normales Wachstum ohne Schmerzen zu ermöglichen. Sie soll sich die nächsten Monate normal, zumindest mit nur wenig Lahmheit, bewegen können, bis sie ausgewachsen ist. Ohne grösseren, chirurgischen Eingriff wird Fridas Hüfte jedoch nie wie eine normale funktionieren können.

Fridas TEP nach Mass – das linke Hüftgelenk

Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn alle Wachstumsfugen geschlossen sind, wird Fridas Behandlung weitergehen.

Die Ausgangslage

Nun ist Frida in der Praxis Dr. Blättler-Monniers. Es ist früher Herbst 2022, 7 Monate nach ihrer erfolgreichen Symphysiodese. Sie zeigt erneut Schmerzen und Lahmheit, insbesondere hinten links, nach dem Liegen und Bewegung, aber auch nach dem Spiel mit anderen Hunden.


Neues Hüftgelenk aus dem 3D-Druck

Die reaktive Hüfte ist ursächlich für Fridas Probleme. Frida ist nun älter – deswegen wurde ein künstliches Hüftgelenk für die linke Seite in den Blick gefasst. Die orthopädische Untersuchung bestärkte dies nur. Jedoch sollte keine einfache, zementlose TEP (Totalendoprothese) eingesetzt werden. Ausgerichtet auf die Knochen- sowie die Beckenstruktur wurde eine TEP im 3D-Druck erstellt. 

Dazu wurde Frida zunächst für eine CT-Studie überwiesen. Die gesammelten Daten wurden verarbeitet und genutzt, um ein Modell entsprechend der Hüftprothese zu erstellen. Am Modell wurde getestet, ob es sich am Knochen befestigen liess und aus biomechanischer Sicht korrekt arbeitet. Die Tests verliefen erfolgreich – Eine Prothese für die linke Seite wurde erstellt, die noch im Herbst 2022 eingesetzt wurde. Physiotherapeutische Massnahmen infolge der Operation sollten ihr zu einem gleichmässigen Gang verhelfen.


Fridas Kampf gegen Hüftprobleme geht weiter: Zweite OP notwendig

Frida hat die OP insgesamt gut überstanden, und auch die Kontrolle der neu implantierten Hüfte verlief erfolgreich. Im Januar diesen Jahres entwickelte Frida wieder Schwierigkeiten beim Laufen: Sie zeigte erneut ein unrundes Gangbild; ausserdem hat sie Schmerzen in der rechten Hüfte. Das linke Bein dreht sich nach aussen und auch hinten links, an der operierten Hüfte, reagiert Frida empfindlich. Die Besitzerin kam diesbezüglich zu einer orthopädischen Re-Evaluation. 

In der Bewegung dreht die linke, operierte Seite nach Aussen, während die rechte Seite eine deutliche Hangbeinlahmheit zeigt. Die Bewegung ist insgesamt ungleichmässig sowie unregelmässig.

Reaktive Hüfte und ungleiche Beinlänge: Die Herausforderungen bei Fridas orthopädischer Untersuchung

Die Untersuchung der linken Beckengliedmasse, der Hüfte und des Knies sind unauffällig und nicht schmerzhaft. Die rechte Seite jedoch ist ziemlich reaktiv:

Einerseits ist der Ortolani-Test positiv, da der Femur nicht in der Hüfte, sondern frei beweglich ist.
Frida reagiert schmerzhaft auf diesen Test, was unter den Voraussetzungen nachvollziehbar ist.
Auch die ungleiche Länge beider Hinterläufe ist auffällig.
Die linke, operierte Gliedmasse ist länger, da die Verbindung zwischen Gliedmasse und Hüfte hier stabil ist. Da die rechte Beckengliedmasse nach oben verlagert ist sowie nicht im Gelenk artikuliert, ist diese Seite verkürzt und schmerzt.

Röntgen

Auf der Projektion ist eindeutig sichtbar, dass die rechte Gliedmasse sich nicht in der Pfanne befindet. Die stehende DAR-Technik sollte dies aufzeigen: Farblich bearbeitet ist in Blau eine normale Hüfte und in Rot die Hüfte von Frida, als noch keine TEP vorhanden war.
Dies ist der Grund, warum die rechte Gliedmasse kürzer als die linke ist.


Zusammenfassung

Wie auf den Video- und Röntgenaufnahmen ersichtlich: 
Zwar geht es Frida insgesamt besser, aber die rechte, nicht operierte Seite luxiert nach oben. Eine zweite Operation für das defekte Hüftgelenk ist unumgänglich.
Wenn jedoch die zweite Operation die Länge der Gliedmassen angleicht sowie die Bewegung des Oberschenkelkopfes in der Pfanne ermöglicht, kann Fridas Lebensqualität wiederhergestellt werden. Entzündung und Schmerzen können ausheilen, und eine gesunde Bewegung wird möglich sein.
Das zweite künstliche Hüftgelenk für Frida wird, wie schon auf der linken Seite, speziell für sie angefertigt. Fridas Knochen sind zu dünn und die allgemeine Lage zu schlecht, um eine Standartprothese zu verwenden. Der Einsatz des zweiten künstlichen Hüftgelenkes wird eine stabile Stellung des rechten Oberschenkelkopfes in der Gelenkpfanne ermöglichen. Für Frida ist dies, nach dem Abheilungsprozess und Bewegungstherapie, die Aussicht auf ein hundegerechtes Leben – Voller gesunder und schmerzloser Bewegung.


Fridas Geschichte geht weiter!

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